Simo Hiltunen: Die Stunde des Wolfs

Die Kindheit ist ein sicherer Ort, eine Zeit, in der wir lernen, mit unseren Gefühlen umzugehen, sie zu teilen. Eine Zeit, in der wir vertrauen lernen. Vielleicht. Für Lauri Kivi, Held des Kriminalromans Die Stunde des Wolfs gilt das ganz sicher nicht. Er stammt aus einem ausgesprochen gewalttätigen Elternhaus. Trotzdem berühren ihn die merkwürdigen Familienmorde, die seit einigen Monaten Finnland erschüttern und über die er als Polizeireporter einer großen Tageszeitung berichten muss.

Familienväter, die sich dazu entscheiden, erst ihre Familie und dann sich selbst zu töten. Wie kann es dazu kommen? Kivi taucht tief in die Psyche der Täter ein, doch dann entwickelt sich der Fall plötzlich ganz anders: Nicht nur, dass er feststellt, dass er selbst eine Verbindung zu einer der Familien hatte, nein, er wird plötzlich festgenommen, weil die Polizei glaubt, er habe die Familienmorde inszeniert, um so Stoff für neue Stories in der Zeitung zu haben.

Die Stunde des Wolfs ist ein wirklich gelungener Krimi mit hohen Thrilleranteilen – denn als Kivi wieder freigelassen wird, jagt der Mörder auf einmal den Reporter selbst. Dabei fühlt sich der Reporter schon mit seiner eigenen Vergangenheit genug verfolgt.

Zwar gehören Ermittler mit eigenen psychischen Problemen mittlerweile zum guten Ton, dennoch gelingt es Hiltunen, den Spannungsbogen dauerhaft zu halten und gekonnt einige falsche Fährten zu legen. Zwar ist der tatsächliche Täter zwischendurch schon einmal verdächtig für den Leser, verschwindet dann jedoch geschickt wieder im Hintergrund.

Besonders zu loben ist an dieser Stelle auch der Übersetzer Peter Uhlmann, dem es gelungen ist, finnische Sprachwitze durch sparsame und effiziente kleine Fußnoten im Deutschen zu erklären und erhalten, ohne den Lesefluss zu stören.

So ist Die Stunde des Wolfs ein sprachlich wie inhaltlich gelungenes Krimivergnügen und genau das richtige für die noch anstehenden nasskalten Frühlingstage.