Wer an Finnland denkt, der hat schnell seine Seen vor Augen: Riesige Wasserflächen, die vom Flugzeug aus wie dunkle Flecken in der Landschaft wirken, und ruhige Ufer, von denen aus Holzstege direkt ins kühle Nass führen. Doch im vermeintlich klaren Seewasser sammelt sich unsichtbar der Abfall der Städte. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der Universität Ostfinnland und des finnischen Umweltzentrums SYKE. Die Forscher untersuchten den Kallavesi bei Kuopio in Nordsavo, mit rund 480 Quadratkilometern der zehntgrößte See in ganz Finnland und Teil des nahezu doppelt so große Seengebiets Iso-Kalla. Im Rahmen der Studie nahmen die Forscher Proben aus dem Oberflächenwasser, aber auch aus dem Sediment sowie aus Fischen und Muscheln. Im Winter wurden zusätzlich Proben aus dem Eis entnommen, das sich auf dem See gebildet hatte.
Ziel der Studie war es, die Menge an Mikroplastik im Wasser sowie die Größe, Art und Herkunft der Teilchen zu bestimmen. Als Mikroplastik werden Kunststoff-Teilchen mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimeter bezeichnet, die aus unterschiedlichen Produkten und Plastikmüll in die Umwelt gelangen. Sie sind dort nur schwer abbaubar und sammeln sich daher an, unter anderem im Wasser, von wo aus sie auch Teil der Nahrungskette werden können. Noch ist unklar, welche Folgen es für den Menschen hat, wenn die Partikel beispielsweise über das Trinkwasser in den Körper aufgenommen werden.
In Finnland ist das Auftreten von Mikroplastik bisher vor allem für die Ostsee untersucht worden. Die jetzige Studie betritt mit ihrem Fokus auf Binnengewässer somit Neuland. Sie beschränkt sich aber zunächst auf den Kallavesi, so Arto Koistinen, Dozent an der Universität Ostfinnland und Teil der Forschergruppe gegenüber
Helsingin Sanomat. Die Ergebnisse der Studie zeigten unter anderem, wie sich das Mikroplastik im See ausbreite. Dabei hänge die Konzentration der Plastikpartikeln im Wasser von der Entfernung zum nächsten Siedlungsgebiet ab – je näher die untersuchte Stelle an einer Stadt liege, desto mehr Plastik finde sich im Oberflächenwasser. In der Nähe von Kläranlagen und Schneedeponien sei die Konzentration besonders der kleinen Partikel auffallend hoch, stellenweise sogar hundertmal höher als in der Ostsee. Im Falle des Kallavesi lasse sich im Unterschied zur Ostsee allerdings leichter bestimmen, aus welcher Quelle die Verunreinigungen konkret stammten.
Nach Angaben der Forscher seien es eben diese kleinen Partikel, die den meisten Schaden anrichteten, denn sie würden am ehesten von Meerestieren gefressen und damit Teil der Nahrungskette. Um das zu verhindern, sieht Koistinen das Verringern von Plastikmüll als wichtigste Maßnahme. Verantwortungsvolle Verwendung und Wiederverwertung von Plastikprodukten sei ein Problem, dass es nach wie vor zu lösen gelte.
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