Im Ausland ist die finnische Musikszene vor allem für ihre Metalbands bekannt. Dass der finnische Rap dort ebenfalls längst seinen Platz gefunden hat, zeigt die vierteilige Dokumentation RäpID von Mico Pellikka. Der erst 19-jährige Regisseur, der in der Szene als Edicti bekannt ist, konzentriert sich dabei ganz auf die Künstler der Gegenwart. Er lässt sie selbst zu Wort kommen und zeichnet ein vielfältigeres Bild des finnischen Raps, als es Radiohits und Stadions füllende Konzerte vermögen. Jeder Teil der Dokumentation ist einem Subgenre des Hip-Hop gewidmet: Trap, Grime, G-Funk und Comedy Rap.
Musta hanhi von Mauno Gang erklärt, worauf es beim
Trap ankommt: 808-Bässe, High-Hats, überraschende Pausen im Beat und AdLibs, also improvisierte Vocals, die längere Pausen zwischen den Lyrics füllen. Für Versace Henrik machen gerade diese AdLibs den Trap aus. Auf Finnisch zu rappen sei jedoch eine Herausforderung, weil die Sprache sich eher steif anfühle. Lehnwörter aus dem Englischen machten es wesentlich leichter, die Lyrics an die Musik anzupassen.
Stellvertretend für den finnischen Trap interviewte Pellikka außerdem die Vorreiter auf dem Gebiet Vuahi ja TIPPA, die sich bescheiden geben. Auf die Frage, warum er gerade Trap mache, hat Vuahi jedenfalls eine recht simple Antwort: „Weil ich es höre. Ich versuche nur nachzuahmen, eigentlich denke ich mir selbst gar nichts aus.“ Finnischen Trap habe es einfach nicht gegeben, und das sei eine Lücke gewesen, die es zu füllen gegolten habe.
Den finnischen
Grime fasst Matti8 von Töölön Ketterä für Laien folgendermaßen zusammen: „Ich sage immer, dass es wie Rap ist, nur wütender und britischer. Es ist oft Instrumentalmusik, man kann es vielleicht mit Dubstep vergleichen.“ Bandkollege DJ Handshaking ergänzt, dass es maßgeblich von Sound und Atmosphäre der Clubs beeinflusst und damit deutlich schneller und elektronischer sei. Der elektronische Sound bilde die Basis, erklärt auch Hevoskuiskaaja von Horse Attack Sqwad. Darauf werde dann gerappt, und diese Kombination sei die Geburtsstunde eines neuen Musikstils gewesen. Finnischer Grime zeichne sich speziell dadurch aus, dass man den reichen Wortschatz des Finnischen für Witze und kreative Wortspiele nutzen könne – eine willkommene Abwechslung im ernsten Rapgeschäft, meint V65. Wiederholungen brächten außerdem eine Intensität in die Lyrics: Ein Wort werde immer und immer wieder gebraucht, oft in unterschiedlichen Kontexten, und fungiere als Anker, der den Hörer von Line zu Line leite.
G-Funk, auch unter den Namen Gangsta Funk und Ghetto Funk bekannt, entstand in den frühen 1990er Jahren an der Westküste der USA aus dem Gangsta-Rap. Für die finnische Szene stehen im dritten Teil der Serie G-Mies, Velvet Boyz und 6mäki vor der Kamera. „G-Funk ist sehr melodisch“, erklärt 6mäki, „es ist Rap mit warmem Sound.“ G-Mies sieht das Genre ähnlich. Beim Rappen habe er eine utopische Welt am Horizont vor sich, die brennende Sonne Kaliforniens, die Aussicht auf Long Beach und eine kalte Cola in der Hand. In dieser Stimmung erinnere man sich dann sogar daran, dass auch in Finnland zuweilen mal die Sonne scheine.
Comedy Rap schließlich zeichnet sich vor allem durch humoristische oder satirische Texte und Parodien etablierter Hip-Hop-Klischees aus. Während seine Anfänge in den 1980er Jahren bei US-amerikanischen Künstlern wie DJ Jazzy Jeff & The Fresh Prince liegen, verbreitete sich das Genre bald auch in anderen Ländern. Die deutsche Band Fettes Brot lässt sich dem Comedy Rap zuordnen, ebenso der finnlandschwedische Rapper Markoolio. Finnische Vertreter, die Pellikka für seine Dokumentation interviewt hat, sind Slim Mill und Petri Nygård. Comedy Rap lebt ihrer Meinung nach eben von seinem Humor. „Zu komplex darf es auch nicht werden“, erklärt Slim Mill. „Nicht zu viele Wortspiele, keine langen Wortformen. Kurze Lieder. Man muss sich auf den kindischen Stil einlassen, dann läuft es. In Finnland nehmen wir alles zu ernst.“ Um selbst Musik zu machen, brauche es nicht viel. „An erster Stelle steht der Spaß am Rappen, dass man nicht lange nachdenkt, sondern einfach macht. Heute braucht es zum eigenen Song nur eine Kamera und ein Mikro am Handy und einen YouTube-Kanal.“
Zusätzlich zu den Dokumentationen hat Pellikka zu jedem des Subgenres eine umfangreiche Playlist erstellt. Wer also genug vom theoretischen Sinnieren über Musik hat und einmal selbst in den finnischen
Trap,
Grime,
G-Funk und
Comedy Rap reinhören will, hat jetzt die beste Gelegenheit dazu!
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