Wie sah Finnland vor 10 000 bis 6 000 Jahren aus? Wie lebten die Menschen und wo siedelten sie? An der Universität Helsinki geht in diesem Jahr ein dreijähriges Forschungsprojekt zu Ende, das neues Licht auf Finnlands früheste Vergangenheit wirft. Ungewöhnlich mag dabei der Ort anmuten, an dem die Forscher auf Spurensuche gingen – der Seeboden des Kuolimo im Südwesten Finnlands. Dass dort in der Steinzeit Menschen gelebt haben, ist deshalb möglich, weil der Wasserspiegel zu dieser Zeit deutlich niedriger lag.
Die ältesten Funde aus der Region stammten bisher aus der Zeit von vor 6 000 Jahren, nachdem die ehemaligen Siedlungsgebiete mit dem steigenden Wasserspiegel der Seen überflutet wurden. Andere Forschungen legen jedoch nahe, dass dort bereits einige tausend Jahre zuvor Menschen lebten. „Der archäologischen Forschung fehlen in diesem Gebiet die Funde aus der frühesten Steinzeit“, erklärt Dr. Satu Koivisto in einer
Bekanntmachung der Universität Helsinki. Die neuen Ergebnisse sollen nun die bisher bekannte Besiedlungsgeschichte Finnlands ergänzen und erweitern. Neben den finnischen Archäologen waren an dem Projekt auch Forscher aus Dänemark und Schweden beteiligt.
Die Spurensuche unter Wasser ist jedoch mit besonderen Herausforderungen verbunden. „Ausgrabungen an Land verlangen nur eine Schaufel und ein Sieb“, so Dr. Koivisto gegenüber
Helsingin Sanomat. „Unter Wasser braucht man ein deutlich größeres Arsenal, von Pumpen und Schläuchen bis zur Ausrüstung der Taucher. Hinfahren muss man dann mit einem Kleintransporter.“ Nachdem alle Gerätschaften vor Ort sind, müssen die nächsten Probleme gelöst werden. Im Kuolimo seien die Bedingungen für die Suche günstig gewesen, an anderen Stellen wie im Saimaa habe dagegen der morastige Grund die Sicht behindert. Auch die Wasserbewegungen können die Arbeit der Archäologen erschweren, wenn etwa eben freigelegte Kleinstteile von Verwirbelungen mitgerissen werden. Die Forscher gingen daher planmäßig vor. Nach einer gründlichen Analyse des Seebodens, um die am besten vor Wind und Wellen geschützten Stellen zu finden, brachten Taucher Sedimentproben zur Untersuchung nach oben. In diesen Proben fanden sich unter anderem Kohle, verbrannte Steine und Quarzsplitter, die auf steinzeitliche Besiedlung und Werkzeugproduktion hinweisen.
Die Untersuchung ist der erste Fall, in dem in Finnland unter Wasser Spuren einer steinzeitlichen Besiedlung gefunden wurden. Ähnliche Orte wurden im Nordwesten Russland und im südlichen Skandinavien identifiziert. Die Forscher hoffen jetzt, auch am Grund anderer Seen fündig zu werden. Besonderes Interesse gilt dem Vanajavesi bei Hämeenlinna, dem Pielinen in Ostfinnland und dem Oulujärvi, da ihr Wasserstand eine ähnliche Veränderung durchgemacht hat. „Am Seeboden könnten wir intakte Wohnstätten, Feuerstellen und Gegenstände aus organischen Materialien finden“, erklärt Dr. Koivisto. „Mit größeren Funden wird es uns gelingen, die Menschen der Steinzeit und ihr Leben noch besser zu verstehen.“
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