Chormusik einmal anders

Die Geschichte eines ganz besonderen Männerchors begann in einem Restaurant in Oulu. Dort fand sich 1987 eine Gruppe von Männern zu einer ersten Chorprobe zusammen, die so gar nichts mit dem zu tun hatte, was man sich gewöhnlich unter Chorgesang vorgestellt. Auf dem Programm stand eine Improvisation von Maamme, zu Deutsch Unser Land, der Nationalhymne Finnlands – aber nicht gesungen, sondern geschrien. „Bei unserem ersten Treffen war die künstlerische Richtung noch gar nicht klar“, erinnert sich gegenüber Yle Petri Sirviö, der den Chor bis heute leitet. „Aber wir waren uns von Anfang an sicher, dass wir weitermachen wollten.“ Die Männer legten sich eine einheitliche Auftrittskleidung zu, die aus einem schwarzen Anzug, einem weißen Hemd und einer schwarzen Gummikrawatte bestand, und starteten sogleich ihre erste Tour.

Bis heute ist der Chor, der sich treffend „Huutajat“ (Die Rufenden) nennt, schon auf unterschiedlichsten Bühnen aufgetreten. Anfangs beschallten sie die oft überraschten Zuhörer noch draußen, etwa in der Fußgängerzone, bei Stadtfesten oder auch mitten in der Natur. Bald kamen jedoch auch überdachte Bühnen dazu. In seiner inzwischen mehr als 30-jährigen Geschichte hat der Chor mit Filmemachern und Opernhäusern zusammengearbeitet, ist im Museum für Moderne Kunst der Stadt Paris, auf den Wiener Festwochen sowie im Museum of Modern Art in New York aufgetreten und Gegenstand eines Dokumentarfilms geworden. Huutajat – Screaming Men entstand 2003 unter der Leitung von Regisseur Mika Ronkainen. Der Film folgt dem Chor auf Tour und zeigt, wie Leiter Petri Sirviö das Programm zusammenstellt und die Proben leitet. Der Film wurde zu einer der erfolgreichsten finnischen Dokumentationen und auf zahlreichen Festivals gezeigt, darunter auch auf dem Sundance Film Festival in den USA.

Im Laufe seines Bestehens hat der Chor mehr als 25 Länder auf drei Kontinenten bereist, und mit den Auftritten ist auch das Repertoire der Gruppe gewachsen. Neben finnischen Volksliedern umfasst es nun auch Werke, die auf Gesetzestexten und Manifesten aufbauen, Kinderlieder sowie Zitate aus der Verfassung der USA und sogar der Bibel. Viele dieser ungewöhnlichen Kompositionen finden sich auf den fünf CDs wieder, die der Chor seit 1988 herausgebracht hat. Die künstlerische Essenz des Chors, nämlich die direkte, alle Sinne erfassende Präsenz der rufenden Männer, so heißt es auf der Webseite, erlebe man aber erst, wenn man ihnen gegenüberstehe. Eine solche Möglichkeit gab es etwa im letzten September in Helsinki, als die Huutajat eine laute Version der finnischen Verfassung aufführten.

In letzter Zeit ist es stiller geworden um die Huutajat und für Deutschland sind in naher Zukunft keine Auftritte geplant. Wer sich aber selbst einen Eindruck von diesem besonderen finnischen Chor verschaffen will, kann das auf YouTube tun. Dort finden sich ein Ausschnitt aus dem Konzert im Museum of Modern Art, eine Version des russischen Volkslieds Kalinka und ein Auftritt am Merikoski in Oulu.