Die sogenannten alternativen Medien haben in den letzten Jahren einen zentralen Platz in den Diskussionen um Politik, Berichterstattung und das Vertrauen in die Medieninstanzen eingenommen. Wodurch jedoch zeichnen sich diese Medien aus und welche Strategien verwenden sie? Mit diesen Fragen beschäftigte sich kürzlich eine Gruppe von finnischen Forscher*innen in
einer länderübergreifenden Untersuchung.
Die Ergebnisse aus dieser Untersuchung liegen nun vor: Gwenaëlle Bauvois von der Universität Helsinki berichtete unter anderem von einer konstanten Weiterentwicklung dieser Medien, die mit einem zunehmenden Einfluss auch auf die etablierten Medien einhergehe. Zusammen mit Niko Pyrhönen und Ruta Kazlauskaite von der Universität Helsinki sowie Tuukka Ylä-Anttila von der Universität Tampere und Karina Horsti von der Universität Jyväskylä untersuchte Bauvois die Berichterstattung in Finnland, Frankreich, Polen und den USA. Ein Schwerpunkt lag dabei auf dem Sprachgebrauch der Medien aus dem alternativen Spektrum.
Zur Bestimmung des Sprachgebrauchs bediente das Projekt sich häufig auftretender Wortpaare. So wurde beispielsweise untersucht, wie die finnische Online-Zeitschrift MV zwischen Januar 2015 und Dezember 2017 über Einwanderung schrieb, und dieser Sprachgebrauch mit Veröffentlichungen von Helsingin Sanomat aus der gleichen Zeit verglichen. Die Forscher*innen kamen zu dem Schluss, dass die MV die Einwanderungsthematik vor allem aus der Perspektive von Kriminalität und Gerichtsbarkeit behandelte und mithilfe von Sprache gezieltes Framing betreibe. Oft gebrauchte Wortpaare waren etwa „illegale Einwanderung“ und „illegale Einwander*innen“.
In einem zweiten Schritt untersuchte die Gruppe eine möglichen Verbindung zwischen der Sprache der MV und dem Sprachgebrauch von Parlamentsabgeordneten. Dabei zeigten Niederschriften der zwischen Januar 2015 und Juni 2016 im finnischen Parlament gehaltenen Reden, dass von den 67 für die alternativen Medien typischen Ausdrücken 44 auch im Parlament verwendet wurden. Der Gebrauch beschränkte sich auf eher gemäßigte Ausdrücke, was auf eine gewisse politische Strategie hindeute: Politiker*innen mit extremeren Ansichten passten ihre Sprache demnach so an, dass sie gleichzeitig die gemäßigten Wähler*innen und die Randgruppen erreichten. Dadurch testeten sie auch die Grenzen des akzeptierten Sprachgebrauchs, so Niko Pyrhönen. Er beobachtet hier eine klare Verbindung: Ausdrücke würden zunächst nur in radikalen Gruppierungen verwendet und fänden dann über die alternativen Medien Eingang in die Sprache der Politiker und damit in die öffentlichen Debatten.
Darüber hinaus problematisieren die Forscher*innen auch den Sprachgebrauch in der Debatte über die alternativen Medien: Der Begriff, im Finnischen entsprechend vaihtoehtomediat, schaffe das Bild einer willkommenen Alternative zum Mainstream. Als besser geeigneten Begriff schlagen sie daher vastamediat vor – Gegenmedien.
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