Um es gleich vorwegzunehmen: Detlev Pleiss‘ voluminöse Studie ist ein pures Meisterwerk der systematischen Historiografie. In zwei Teile aufgegliedert – einen Teil mit Forschungsstand nebst einem Kapitel zu „Finnenbilder in der Propaganda“ und „Untersuchte Orte“ –, behandelt Detlev Pleiss‘ Fleißarbeit das Auftreten des finnischen Militärs im besetzten Deutschland zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Hier wurden die sogenannten „Hakkapeliten“, die schwere finnische Reiterei im schwedischen Heer, legendär. Weniger Kosten und Auswüchse als die übrigen Armeen verursachend, sind die finnischen Truppenteile mit den alteingesessenen deutschen Bewohnern wiederholt in Verbindung getreten.
Der Autor hat seine wissenschaftliche Monografie mittels insgesamt 22 geografischer Fallbeispiele akribisch en détail gestützt.
Wo auch immer in Deutschland die Finnen ihren Kriegsdienst versahen, wurden sie mit besonderer Neugier betrachtet. Pleiss spricht davon, dass etwa 30.000 Finnen die größten nicht aus „Kern-Schweden“ stammenden Kontingente innerhalb der schwedischen Streitkräfte darstellten. Im Fränkischen waren die Finnen vor allem in Königshofen, Schweinfurt, Windsheim, Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber einquartiert. Das „Savokarelische Fußregiment“ mit seinen schwarzgelben Fahnen lag insgesamt 33 Monate in Königshofen 1631 bis 1634. Die Finnen hatten sich hier im „Grabfeld“ als „Besatzung auf Dauer“ eingerichtet. Als Kommandanten der finnischen Garnison in einer Stärke von etwa 500 Mann wirkten die Obristen Claes Hastver (1597-1634) und Caspar Ermes (1592-1648). Sie hielten ihre Soldaten in strengster Kriegszucht, so wie es König Gustav II. Adolf in seinen Kriegsartikeln1632 angeordnet hatte. Wir erfahren auch, dass auf Seiten der Finnen zudem „Lappländer“ zum Kriegseinsatz gelangt sind. Von den „Lappen“ heißt es in einem Kriegslied von 1632, „Die Lappländer seynd tapfere Leut‘“. Vielfach ist der Name „Lappen“ und „Finnen“ auch synonym verwendet worden.
Die vier Kompanien Finnen aus Savokarelien und Hollola, die gut 33 Monate in Königshofen lagen, scheinen den „Ureinwohnern“ indes schnell klargemacht zu haben, dass sie als „Finnen“, und nicht als „Lappen“ angesprochen werden wollten (S. 231). Durchweg bei den etwa dreihundert Königshofener Bürgern „einlogiert“, wurden die Finnen seit Juni 1634 von vier Kompanien „Westgötaschweden zu Fuß“ unter „Obristleutnant“ Erich Andersson Oxe (1596-1672), welcher aus Hämeenlinna gebürtig war, abgelöst. Nach den Friedensschlüssen von 1648 ordnete die schwedische Königin Christina im Jahre 1649 an, „zuvörderst die Finnen aus Nürnberg nach Hause zu schicken“ (S. 606).
Zur Dokumentation seiner Studien hat Pleiss bei einer Summe von 1.358 Arbeitstagen insgesamt 380 Archive in Finnland, Schweden und Deutschland besucht. Es ist sein besonderes Verdienst, vor allem auch wichtige Forschungsdesiderate aus den Bereichen Fremdenforschung und Okkupationsforschung erreichbar gemacht zu haben.
Detlev Pleiss: Bodenständige Bevölkerung und fremdes Kriegsvolk – Finnen in deutschen Quartieren 1630-1650. Abo Academy Press 2018. 774 Seiten. ISBN 978-952-12-3495-8, 98,00 Euro
(Bezug nur über den Autor: detlev.pleiss@gmx.de).
Digital als pdf zu finden im digitalen Archiv doria.fi
Eine Rezension aus der Deutsch-Finnischen Rundschau 182 von Dr. Michael Peters.
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