Am vergangenen Freitag feierte Finnland wie jedes Jahr seine Unabhängigkeit, unter anderem mit dem Empfang im Helsinkier Präsidentenpalast, den im letzten Jahr nach Angaben von Yle rund 2,4 Millionen Menschen im Fernsehen verfolgten. Die Stimmung war ernst und feierlich, und das
hat Tradition: Katri Lento vom finnischen Landwirtschaftsmuseum Sarka beschreibt die Feier als letzte Bastion einer finnischen Einheitskultur. Seit seiner Entstehung habe der Unabhängigkeitstag den Charakter einer ernsten Staatsfeier, die durch Militärparaden und die Erinnerung an die Veteran*innen fest mit dem Gedenken an die finnischen Kriege verbunden sei. Nachdem der Senatspräsident Pehr Evind Svinhufvud das damals noch als Großfürstentum des russischen Reiches geführte Finnland am 6. Dezember 1917 für unabhängig erklärt hatte, wurde der Unabhängigkeitstag 1919 zum ersten Mal feierlich begangen. Ein gesetzlich festgelegter Feiertag ist der 6. Dezember in Finnland seit 1929.
In einem Projekt anlässlich der hundertjährigen Unabhängigkeit Finnlands befragte das Nationalmuseum vor zwei Jahren Menschen unterschiedlichen Alters dazu, wie sie den Unabhängigkeitstag verbrachten. Lento zufolge, die ebenfalls am Projekt beteiligt war, wollten viele zwar nicht auf die althergebrachten Traditionen verzichten. Besonders an den Schulen wünsche man sich jedoch fröhlichere Feiern, denn alle Befragten erlebten die jetzigen Feste als zu steif. Auch der Empfang im Präsidentenpalast, umgangssprachlich als Linnan juhlat oder Palastfeier bezeichnet, sei nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der finnischen Unabhängigkeitsfeier. Viele Menschen verfolgten ihn weiterhin jedes Jahr im Fernsehen, obwohl sie ihn als langweilig empfänden. Das kann auch daran liegen, dass die Vielfalt der finnischen Gesellschaft laut Lento noch immer keinen Eingang in die Feierlichkeiten gefunden hat. Finnland sehe einfach nicht mehr so aus wie noch vor 30 Jahren.
Schon heute hat jede Familie ihre
eigene Art, den großen Tag zu begehen: Für die einen beinhaltet er die Kranzniederlegung der Helsinkier Garnison am Grab von Mannerheim auf dem Friedhof Hietaniemi, den Film „Der unbekannte Soldat“ und das jährliche Radiokonzert, für die anderen ist der 6. Dezember dagegen nur ein zusätzlicher Feiertag, an dem Großeltern besucht und Kekse gebacken werden. Lento erwartet daher durchaus, dass sich die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag in den kommenden Jahrzehnten verändern. Sowohl Junge als auch Alte hätten jedoch im Grunde ähnliche Wünsche für die Zukunft: Weniger Rede vom Krieg und deutlich bessere Stimmung.
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