In Espoo wurden zwei je sechs Kilometer tiefe
Löcher ins Gestein gebohrt, an deren Boden es bis zu 120°C heiß ist. Hier soll bald Wasser in die Tiefe geleitet werden, das sich erhitzt und dann Haushalte in der Nähe mit Wärme versorgen kann. Die Hitze aus diesen tiefsten Geothermie-Bohrungen der Welt könnte also die Zukunft der Wärmeversorgung in Finnland sein. Für dieses technologisch anspruchsvolle Leuchtturmprojekt wünscht man sich finanzielle Förderung der EU aus dem kürzlich beschlossenen milliardenschweren Geldtopf für den Kampf gegen den Klimawandel.
Neben den hypermodernen Erdwärme-Plänen gewinnt man in Finnland aber auch noch in ziemlich traditioneller Weise Energie: durch das Verbrennen von Torf. In Moorgebieten wird auf großen Flächen Torf abgebaut, getrocknet, für die Wärme- und Stromproduktion verwendet und die Flächen werden nur zum Teil renaturiert und in einen moorähnlichen Zustand zurückversetzt, vielen Flächen werden dagegen nach dem Torfabbau für Forst- oder Landwirtschaft (auch für Bioenergie) genutzt.
Torf ist in etwa vergleichbar mit Braunkohle – und ist auch mindestens genauso
klimaschädlich: aus dem Torf werden zwar nur ca. 6 % der Energie in Finnland gewonnen, dabei entstehen aber 12 % der finnischen CO2-Emissionen (und sogar ein Fünftel der Emissionen des Energiesektors). Das bisher angepeilte Ziel ist, bis 2030 die Torfverstromung zu halbieren – der Kohleausstieg soll dagegen schon 2029 abgeschlossen sein. Die Nachfrage sinkt zwar bereits, doch Torf profitiert von erheblichen Steuervergünstigungen.
Derzeit mehren sich die Stimmen, die eine Abschaffung der Steuervergünstigungen und einen schnelleren Ausstieg aus der Torfverbrennung fordern. Die EU stellt dazu Forderungen an Finnland, einige Politiker*innen der
Grünen drängen darauf, das Thema bei der nächsten Haushaltsdebatte zu behandeln und auch der Entwicklungsförderungsfonds Sitra empfiehlt einen schnelleren Weg als die Halbierung der Torfverbrennung bis 2030. Dies scheint auch nötig, wenn Finnland das selbst gesteckte ehrgeizige Ziel erreichen will, 2035 klimaneutral zu sein.
Ähnlich wie mit der Braunkohle in Deutschland spielen in der finnischen Torf-Debatte Arbeitsplätze in sonst eher „strukturschwachen“ Regionen eine Rolle, von ca. 1.000 direkt und 2.500 indirekt Beschäftigten ist die Rede. Demgegenüber stehen die Klima- und Umweltfolgen des Torfabbaus: zusätzlich zu den genannten hohen Emissionen kommt das Problem der Trockenlegung und Zerstörung von Mooren, die in naturbelassenem Zustand dagegen große Mengen Treibhausgase binden. In einigen Seen in der Nähe von Torfabbaufeldern verschlechtert sich außerdem die Wasserqualität, weil besonders durch Frühjahrshochwasser Erdreich in die Seen gespült werde.
Mit den großen Mengen an Torf, die in Finnland zur Energiegewinnung (und nur in vergleichsweise geringem Anteil für Pflanzenerde und andere Anwendungen) abbaut, ist es eines der größten Abbauländer in Europa, vergleichbar nur mit Irland. Es wird sich sicherlich bald zeigen wie sich das Verhältnis von klimaschädlichen traditionellen Brennstoffen wie Torf zu technologisch aufwändigen Methoden wie der Erdwärmenutzung verschiebt – vielleicht weg vom Torf abbaggern hin zum Löcher bohren.
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