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Rezension: Antti Tuomainen: Klein-Sibirien

Im Oktober 2019 hat die Londoner Times Klein Sibirien von Antti Tuomainen zum Buch des Monats gekürt!
Lesen Sie hier die Rezension von Manfred Holtze in der Deutsch-Finnischen Rundschau.

von dfgliest , 26.08.2020 — 0 Kommentare

Antti Tuomainen: Klein-Sibirien © Rowohlt Hundert Augen

„Weniger als vierundzwanzig Stunden sind vergangen, aber in meinem Leben ist nichts mehr, wie es war“, sagt sich Pfarrer Joel Huhta in Gedanken, als er sich mitten in einem Seelsorge¬gespräch (S. 58 f.) befindet. Nicht einmal die provo¬kante Bemerkung seines Gegenübers, „dass alle anderen, sogar die eingefleisch¬testen alten Kommunisten, gläubiger“ seien als er, vermag Joel von dieser gedanklichen Feststellung abzulenken.
Was ist nur in dem kleinen Ort Hurmevaara im Osten Finnlands, unweit der russi¬schen Grenze, geschehen, dass Joels Leben so durcheinandergewirbelt wurde?
Eine halsbrecherische Autofahrt des abgehalfterten Rallyefahrers Timo Tarvainen in tiefverschneiter Januarnacht wird plötzlich gestoppt. Ein Meteorit durch¬löchert mit Wucht das Dach des Autos und macht Timos suizidale Absicht zunichte. Nun liegt der vier Kilo schwere, äußerst seltene Eisenmeteorit in einer Vitrine des Militärmuseums des Dorfes. Sein Wert wird auf circa eine Million Euro geschätzt. Deshalb muss er bis zu seinem Abtransport nach Helsinki und dann zu weiteren Untersuchungen nach London bewacht werden.
Der Schatz weckt natürlich Begehrlich¬keiten, unter anderem auch bei zwei Russen, die plötzlich im Dorf auftauchen. Da Joel als ehemaliger Soldat kampferfahren ist, übernimmt er den Wachdienst und wird schon in der ersten Nacht durch zwei Einbrecher heftig gefordert. Einer der beiden sprengt sich auf der Flucht in die Luft; der andere kann entkommen. Doch Joel hat dessen Parfüm noch in der Nase.
Tags zuvor hat ihn seine Frau Krista, mit der er seit sieben Jahren glücklich zusammenlebt, mit der freudigen Nachricht überrascht, dass sie schwanger sei. Was sie nicht weiß, ist, dass Joel während seines Einsatzes als Militärpfarrer in Afghanistan seine potentia generandi, also seine Zeugungsfähigkeit, verloren hat, „obwohl äußerlich alles einwandfrei funktioniert und auch so aussieht, wie es aussehen sollte“ (S. 23). Ein Leben ohne Krista kann und will sich Joel nicht vorstellen. Doch die Eifersucht nagt an ihm und fordert Aufklärung.
Aus der Perspektive des Pfarrers werden die Leserinnen und Leser schnell in eine ergreifende Kriminalgeschichte verwickelt, die mit schrägen Charakteren, überraschenden Wendungen und unerwarteten Lösungen aufwartet.
Auch mit diesem Buch hat Antti Tuomainen einen von Lebensklugheit und finnischem Humor durchzogenen, klar und frisch geschriebenen Kriminalroman vorgelegt. Dass Jan Costin Wagner, selbst Autor zahlreicher Krimis, und seine finni¬sche Ehefrau Niina Katariina wiederum für die Übersetzung der 2018 bei Like in Helsinki erschienenen Originalausgabe Pikku Siperia gewonnen werden konnten, war auch dieses Mal eine sehr gute Entscheidung.
Im Oktober 2019 hat die Londoner Times Antti Tuomainens Klein-Sibirien zum Buch des Monats gekürt. Und der Innsbrucker Schriftsteller und Fotograf Bernhard Aichner hat von Antti Tuomainen gesagt, dass er „ein richtig cooler Finne“ sei. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Antti Tuomainen: Klein-Sibirien. Aus dem Finnischen übersetzt von Niina Katariina Wagner und Jan Costin Wagner; Rowohlt Hundert Augen, Reinbek 2020; gebunden, 320 S.; ISBN 978-3-498-00126-1; 20,00 Euro; als Rowohlt E-Book ISBN 978-3-644-00409-2; 14,99 Euro. Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau 185 von Manfred Holtze.

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