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Rezension: Katja Kettu: Die Unbezwingbare

Im März erschien ein neuer, starker Roman von Katja Kettu: Die Unbezwingbare. Laut der Rezensentin wurde es von Angela Plöger meisterhaft ins Deutsche übertragen.

von dfgliest , 14.08.2021 — 0 Kommentare

Katja Kettu: Die Unbezwingbare © Ecco Verlag

Wer ist sie? Ist sie Lempi, das finnische Mädchen, zur Frau geworden, ist sie Kleine Tatze, zu den First Nations in Minnesota, USA, gehörig, oder ist sie Roses und Ettus Tochter, Kind eines Finnen und einer verschwundenen Frau des Ojibwe-Stammes, einer von vielen verschwundenen und entrechteten Frauen in den Reservaten?

Muss sie sich entscheiden – oder ist sie alles drei, unterwegs zwischen den Welten, auf der Suche nach der Geschichte ihrer Mutter und danach, die Anteile in sich zu verstehen und zu versöhnen?

Katja Kettu erzählt Lempis Geschichte und die ihrer Familie in einer unglaublich dichten, wortgewaltigen, teils lyrischen Sprache, von Angela Plöger meisterhaft ins Deutsche übertragen.

Über vier Jahrzehnte nach dem Verschwinden ihrer Mutter Rose Feathers kehrt Lempi ins Reservat Fond du Lac zurück, in dem sie aufgewachsen ist. Rose hatte sich eingesetzt dafür, dass das Verschwinden von Mädchen und jungen Frauen der First Nations besser aufgeklärt und verfolgt würde – bis sie eines Tages selbst vermisst, aber als Indigene eben auch nicht mit großer Anstrengung von den Behörden gesucht wird, obwohl Lempis Vater sich immer wieder bei der Polizei meldet, er selbst Kind der finnisch-russischen Kriegsgeschichte seiner Eltern.

Stück für Stück entrollt sich Lempis Familiengeschichte – aber auch die gewaltgeprägte Historie des Zusammenlebens der Weißen und First Nations in den Reservaten. Wenn man sich als Leser und Leserin in die Wiege der unvergleichlichen Sprache Kettus legt, hilft es durch die zum Teil brutale Wirklichkeit von sexueller Gewalt, Menschenhandel, Mord und Verschleppung.

Katja Kettu legt ihr Werk in Briefen an –Briefe von Rose an ihre Tochter, die Lempi erst als Erwachsene erhält und liest, und Briefe Lempis an ihren Freund schon aus frühen Tagen, Jim Graupelz, zu dem sie sich als Frau hingezogen fühlt.

Die Autorin hat für die historische Rahmung jahrelange Recherche betrieben, lange Phasen in Ojibwe- und amerikafinnischen Gemeinschaften verbracht. Ihr Interesse gilt dabei auch der finnischen Auswandererbewegung um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert – und den Krisen von Kolonialisierung und Migration.

Wie Katja Kettu selbst sagt: „Ich möchte […] zeigen, wie verletzlich junge Mädchen in Zeiten kultureller Krisen sind […]“. Sie plädiert für weibliche Loyalität in der Welt – ihr Buch ist ein besonderer Beitrag dazu.

Die Künstlerin und Schriftstellerin Katja Kettu, in Rovaniemi geboren, schaffte den literarischen Durchbruch mit ihrem preisgekrönten Bestseller-Roman Wildauge.

Die Unbezwingbare (Rose on poissa) ist bei WSOY und in Deutschland im jungen Ecco-Verlag erschienen, der ausschließlich Autorinnen eine Plattform bietet.

Katja Kettu: Die Unbezwingbare. (Rose on poissa.) Aus dem Finnischen von Angela Plöger. Ecco Verlag 2021. 336 S., ISBN 978-3-7530-0001-5. 22,70 Euro. Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau 189 von Jessika Kuehn-Velten.

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