Vielleicht klingt es verrückt, denn nur wenige Menschen sind in der Lage, eine im erwachsenen Alter erworbene Sprache perfekt zu sprechen – und das noch innerhalb von ein paar Monaten oder Jahren zu erreichen. Dennoch verlangen viele finnische Unternehmen, dass Finnisch auf muttersprachlichem Niveau beherrscht wird.
Selbst Sprachzertifikate von der Zentralverwaltung für Ausbildung oder von der Arbeitszentrale reichen nicht immer. Im öffentlichen Sektor muss man dazu noch Schwedisch können, da alle öffentliche Dienste in den beiden offiziellen Sprachen angeboten werden müssen.
So müssen hochgebildete Einwanderer als Putzkräfte oder Pfleger:innen arbeiten,
wie Kimberley Gowdy aus den USA. Sie hat Sprachwissenschaften studiert, in Schulen und Universitäten unterrichtet, in der Stromnetzproduktion und als Businessanalytikerin gearbeitet und trotzdem konnte sie keinen Job finden, weil ihre Sprachkompetenz nicht ausreichte. Schließlich hat sie ihr eigenes Backunternehmen gegründet und verkauft jetzt ihre eigenen Backwaren.
Auch Perez Okah aus Kamerun musste während seines Studiums als Putzmann arbeiten, während seine finnischen Kommiliton:innen in Maschinenbauunternehmen arbeiteten, wofür auch er ausgebildet wurde.
Die finnische Firma Pointer Potential hilft Einwanderern dabei, sich mit dem finnischen Arbeitsmarkt vertraut zu machen und einen Arbeitsplatz zu finden. In ihrem Register befinden sich 3.000 gebildete Einwanderer aus allen Arbeitsbranchen, die keinen Job finden, der ihrer Ausbildung entspricht. Perez Okah war einer von 15, die dieses Jahr einen Arbeitsplatz gefunden haben.
Allerdings liegen die Schwierigkeiten nicht nur in der Sprachkompetenz: 2016 und 2017 hat der Soziologe Akhlaq Ahmad der Universität Helsinki ein Experiment durchgeführt, in dem er 5.000 Bewerbungen verschickt hat, teils mit finnischen Namen, teils mit ausländischen Namen. Die ausgedachten Finnen haben mit großem Abstand mehr Einladungen zu Bewerbungsgesprächen bekommen als die anderen.
Anna Bruun, Beamte beim Arbeits- und Wirtschaftsministerium, schätzt außerdem, dass Arbeitgeber sich unsicher fühlen, z.B. was offizielle Genehmigungen angeht. Deshalb wurde 2017 das Programm Talent Boost vom Ministerium gestartet, um Arbeitgebern u.a. beizubringen, wie Ausländer angestellt werden.
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