Angus ist acht Jahre alt, als wir ihn kennenlernen. Aus seiner kindlichen Perspektive erzählt er uns detailgetreu, wie er sich an den Besuch des Forschers Edmond Halley auf der Insel St. Helena erinnert, und wie er Tag für Tag die „Aufträge“ erfüllt, die Halley für ihn hinterlassen hat. Denn Angus möchte eines Tages selbst Forscher werden.
Wie weit dieser Weg werden wird, ja, wie unwahrscheinlich das ist, merken wir beim Lesen von Beginn an.
Denn hier erzählt ein hellwacher Junge, doch dass er die starren Gesellschaftssysteme des 17. Jahrhunderts durchbrechen können, seinem niedrigen sozialen Status, der abgelegenen Insel jemals entfliehen können wird, bleibt zweifelhaft.
Doch plötzlich bietet sich Angus eine Chance: Als die Verhältnisse auf St. Helena immer chaotischer werden, beschließen der Pfarrer der Insel und Angus‘ Mutter, den Jungen als Boten einer geheimen Nachricht nach England zu schicken.
Mehr soll hier von der Handlung gar nicht erzählt werden, wohl aber Begeisterung mitgeteilt.
Jalonens Die Himmelkugel ist mit seinen 544 Seiten ein wirklicher Brocken, doch jede Zeile wert. Der Clou der kindlichen Perspektive ermöglicht es Jalonen, einen wahren Bildungs- und Entwicklungsroman zu schreiben: Angus wächst von Tag zu Tag, lernt hinzu und lässt uns an seiner Horizonterweiterung teilhaben. Vor allem aber lässt gerade seine anfängliche Naivität die Abstrusität der Gesellschaftsordnung seiner Zeit, das sexistische Machtgefüge, umso deutlicher werden.
Jalonen erhielt für diesen Roman bereits zum zweiten Mal den Finlandia-Preis. Wer großes, episches Erzählen liebt, ist hier genau richtig aufgehoben!
Olli Jallonen: Die Himmelskugel. Taivaanpallo. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mare Verlag 2021, ISBN 978-3-86648-609-6, 544 S., 26 Euro. Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau von Saskia Geisler.
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