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Rezension: Johanna Holmström: Sei still, mein Kind

Am 2. August 2021 erschien dieser Thriller als dritter Roman von Johanna Holmström bei Ullstein Buchverlage. Lesen Sie hier die Rezension aus der Deutsch-Finnischen Rundschau.

von dfgliest , 17.02.2022 — 0 Kommentare

Johanna Holmström: Sei still, mein Kind © Ullstein Buchverlage

Protagonistin in diesem spannungsreichen Thriller ist die Kinder­psychologin Robin Löf. Sie, die sich um die Traumata und Belas­tungen von Kindern und Familien kümmert, ist selbst ein groß gewordenes Kind mit leidvoller Geschichte – mit schwieriger Beziehung zur alko­holabhängigen Mutter, mit dem Verlust des unter unklaren Umständen ums Leben gekommenen Bruders. Robin ist in einen helfenden Beruf gegangen, hat sich ein sicheres Leben in Helsinki aufgebaut und manches gut kompensiert – und doch zieht es sie eines Tages, nach zwölf Jahren Abstand zu ihrer Herkunft, wieder nach Vråkören, in die kleine Villen­siedlung vor den Toren Helsinkis, am Meer. Hier verknüpfen sich emotionale Abgründe und unheimliche Geschehnisse mit Robins Vergangenheit; Schicht für Schicht deckt die Therapeutin Taten, Verstrickungen und Familiengeheimnisse gleichermaßen auf. Und alles, was sie vergessen glaubte, ist wieder da.

Die Erkenntnis, dass Erinnerungen subjektiv sind, dass wir ihnen hinsichtlich einer Objektivierung von Wirklichkeit nicht trauen können, dass wir als Kinder und später Erwachsene Erinnerungen verändern, nicht bewusst natürlich, um besser mit ihnen leben zu können – diese Idee trägt durch die Verwirrungen und bösen Mächte des Romans. Sie hat bezogen auf die Geschichte von Robin und ihrem Bruder Lukas etwas Erschreckendes und Trös­tendes zugleich. Robin jedenfalls möchte endlich die Wahrheit ans Licht bringen – auch gegen den Willen der Geheimnis­träger in ihrer Umgebung.

Natürlich gibt es Tote und Mordanschläge dabei, gleich auf den ersten Seiten des Bandes – und auch Robin selbst gerät in Gefahr, findet aber Unterstützung bei den wenigen Menschen, denen sie noch vertrauen kann. Ihre Mutter gehört nicht dazu...

Holmström schreibt packend, differen­ziert, ihr gelingt eine feine Balance und Verknüpfung zwischen Verbrechen und Psychologie. Sie baut kein Netz auf, das sich immer enger um Mörder oder Mörderin zieht, sie schwebt in Andeutungen, die immer wieder für Überraschungen sorgen. Das fesselt Leser und Leserin!

Johanna Holmström, 1981 in Sipoo geboren, gehört zur schwedischsprachi­gen Minderheit Finnlands. Nach ihrem Studium (Literatur und Journalismus) in Helsinki arbeitet sie als Journalistin und hat zudem bisher acht Bücher (Romane und Erzählbände) veröffentlicht. Mit ihren Kindern lebt sie in Helsinki. Ihr Buch Asphaltengel, ebenfalls in deutscher Übersetzung erschienen, wurde mit dem Literaturpreis des Svenska Dagbladet ausgezeichnet. Es hat die gleiche kompetente Übersetzerin wie das vorliegende pralle Taschenbuch – Wibke Kuhn, die auch schon Stieg Larsson ins Deutsche übertragen hat.

Also – eine klare Leseempfehlung!

Johanna Holmström: Sei still, mein Kind. Hush Baby. Aus dem Schwedischen von Wibke Kuhn. Ullstein Verlag 2021. 464 S. ISBN 978-3-548-06220-4.14,99 Euro. Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau von Jessika Kuehn-Velten.

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