Vor einer Woche kündigte Wladimir Putin eine Teilmobilmachung an. Infolgedessen fliehen nun täglich tausende Menschen – vor allem Männer – aus Russland. An der Grenze zu Finnland behaupten viele von ihnen, als Tourist ins Land reisen zu wollen und nur ein paar Tage zu bleiben, damit sie ein Touristenvisum erhalten. Der wahre Grund ist jedoch ein anderer: Die meisten wollen ganz einfach nicht in den Krieg ziehen und fliehen vor einem möglichen Einberufungsbefehl. Schon über
260.000 Männer sind aus Angst vor der Front seit letzter Woche aus Russland geflohen.
Bereits letzten Donnerstag kursierte in St. Petersburg das Gerücht,
die finnische Grenze würde bald schließen, weshalb sich vor dem Passamt eine riesige Schlange bildete, um an internationale Pässe zu gelangen.
Vor allem an den Grenzübergängen
Nuijamaa und Vaalimaa im Südosten Finnlands kommen Russen ins Land. Am Dienstag, den 27. September 2022, waren es 7.052, von denen 3.313 das Land wieder verlassen haben – die meisten, die nach Finnland kommen, setzen ihre Reise ins Ausland weiter fort.
Aufgrund des riesigen Ansturms auf die Grenzen hat bereits Finnlands Nachbar Estland die Grenzen für russische Touristen geschlossen. Im finnischen Parlament wird derzeit darüber diskutiert, diesem Beispiel zu folgen. Die
derzeitige Situation sieht so aus, dass nur wenige Abgeordnete dafür stimmen, russische Einreisende weiterhin mit einem Touristenvisum ins oder durchs Land reisen zu lassen. Die Mehrheit würde die Einreise sofort verbieten.
Das Linksbündnis (Vasemmistoliitto) ist die einzige Partei, die sich zum größten Teil bei der Umfrage zum Einreiseverbot enthalten hat. Der Abgeordnete des Linksbündnisses Johannes Yrttiaho will kein komplettes Finnland-Verbot für russische Touristen. Ihm zufolge verstößt das Verbot gegen die Rechtsstaatlichkeit, denn bisher wurde keine Rechtsgrundlage für ein Verbot gefunden.
Außerdem muss sichergestellt werden, dass Dissidenten, Menschenrechtsverteidiger und diejenigen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, die Möglichkeiten haben, aus Russland herauszukommen, sagt die Abgeordnete Eva Biaudet. Deshalb unterstütze sie die Einführung eines humanitären Visums. Mit Hilfe eines humanitären Visums könnten Russen, die sich in einer besonders gefährdeten Position befinden oder einer großen Bedrohung ausgesetzt sind, nach Finnland einreisen.
Auf der anderen Seite argumentiert zum Beispiel die Abgeordnete Pia Kauma, dass es nicht akzeptiert werden kann, dass Russen in Finnland Urlaub machen, während Russland Krieg in der Ukraine führt. Es ist ein moralisches und ethisches Problem, aber auch ein Sicherheitsproblem. In Finnland kann es zu Gewalt zwischen Ukrainern und Russen kommen. Auch ein Asylrecht für Russen hält Kauma für ausgeschlossen.
Kommentare