Für die Himmelskugel gewann Jalonen 2021 Finnlands wichtigsten Literaturpreis, Finlandia, womit er einer von zwei Menschen ist, die diesen Preis bereits zwei Mal erhielten. Mit Die Kunst, unter Wasser zu leben legt er nun einen Nachfolgeband vor, in dem der Ich-Erzähler Angus erwachsen wird und in London angekommen ist. Hier dient er Ende des 17. Jahrhunderts im Haushalt des Wissenschaftlers Edmond Halley als Hilfsbursche auf allen Ebenen – ob bei Halleys Messungen oder dem Richten der Feuer in den Kohleöfen.
Anders als in der Himmelskugel lotet Jalonen in Die Kunst, unter Wasser zu leben deutlicher auch die charakterlichen Untiefen seines Helden aus, kein Wunder, dieser ist älter und wir begleiten ihn bis in seine 20er Jahre hinein. Auch wenn Angus insgesamt duldsam, ja unterwürfig bleibt und die Hierarchie der Dinge nicht hinterfragt, wird doch immer wieder deutlich, dass auch er sich nach seinem Platz in der Welt sehnt, dass er gerne aufsteigen würde – seinem Wissen und seinen Möglichkeiten gemäß. Doch auch wenn Halley Angus für gefährlichste Experimente, wie etwa dem Abtauchen in der Tauchglocke, einsetzt und dabei das Leben seines Schützlings aufs Spiel setzt, auch wenn Angus stets alle Aufträge gewissenhaft erfüllt und Halley mehr als einmal von ihm profitiert: Angus darf weder zur Schule gehen, noch findet er einen wirklichen Beruf. Er merkt selbst, dass er eigentlich wegmüsste. Aber wohin?
Die Kunst, unter Wasser zu leben ist wieder ein großer Bildungsroman, ein facettenreiches, spannendes Sittenbild des Englands um 1688. Sprachlich melodiös hat Stefan Moster Angus‘ Stimme wieder in eine Tonalität zwischen naivem kleinem Jungen und ehrgeizigem Träumer gesetzt, der es am Ende zumindest schafft, eine eigene Entscheidung für sein Leben zu treffen.
Olli Jalonen: Die Kunst, unter Wasser zu leben. Merenpeitto. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Hamburg: mare 2023. ISBN: 978-3-86648-679-9, 28 Euro. Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau 197 von Dr. Saskia Geisler.
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