Auf einem Hof in der Nähe des Vehkajärvi-Sees liegt der alte Matti Nieminen mit dem Kopf in einer Blutlache. Ein, wie wir später erfahren, jähzorniger, körperlich angeschlagener Trinker und Despot.
Wie konnte es so weit kommen? Am Morgen hat ihn seine Frau Märta nach über vierzig Jahren Ehe verlassen; ein Schuss war gefallen, der wohl ihr gegolten hatte. Märta geht zu ihrer Schwester und sie verständigen die Polizei. Weshalb verlässt Märta ihn nach so langer Zeit? Matti weiß darauf keine Antwort.
Henrik Nyström, der zuständige Polizist, konfisziert das Gewehr und macht sich wieder auf den Weg. Inzwischen ist Olli, der Sohn von Märta, Richtung Hof unterwegs. Ihn beschäftigt das Desaster seines Lebens. Er lebt von Sozialhilfe, ist abhängig von Alkohol und Drogen. Das Geld reicht dafür wieder mal nicht mehr. Die Mutter soll helfen, es muss heimlich geschehen, sein Vater sieht in ihm einen Verlierer.
Matti ist für Olli sein Vater. Märta war früh schwanger geworden von ihrer großen Liebe Pekka, der wegen Geldhinterziehung ins Gefängnis gekommen und schließlich entlassen worden war. Tage später verschwand er. Olli erfuhr nie, dass Pekka sein wahrer Vater ist. Matti kennt diese Geschichte. Märta brauchte einen Vater für Olli, so heirateten sie. Hätte sich Märta je auf eine Beziehung mit Matti einlassen dürfen? Ihrer Ehe fehlte es schließlich an Liebe.
Henrik ist eingefallen, dass Matti noch eine Kaninchenpistole besitzt, er konnte sonstwas damit anrichten und so fährt er zurück. Märta erinnert sich an die kurze Beziehung mit Pekka und ihre erste Zeit mit Matti, während sich Matti mit der Pistole auf dem Hof bewegt. Plötzlich stürzt er in den Dreck und erkennt vor sich eine Gestalt: Pekka, den ewigen Rivalen. Matti schießt, schon nähert sich Olli. Es fällt ein weiterer Schuss, Olli flüchtet. Da betritt Henrik an diesem Tag ein zweites Mal den Platz vor der heruntergekommenen Bauernkate. Er sieht den Alten verletzt am Boden liegen. Matti hat sich die Wunde selbst beigebracht. Absichtlich?
Anschaulich beschreibt Röthlisberger in lakonischer Sprache und mit Tempo die Innenwelten seiner Figuren und gewährt tiefgründige Einblicke in ihre Schicksale. Mitzuerleben, welchen Fortgang die komplexe Geschichte nimmt, ist bewegend. Ein großartiges Buch, das rundum überzeugt.
Thomas Röthlisberger: Steine zählen. Luzern, edition bücherlese 2022. 175 S. ISBN 978-3-906907-55-0. 25 Euro. Eine rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau 199 von Roland Bärwinkel.
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