Anlässlich ihrer großen Headliner-Tournee durch Europa macht die finnische Power Metal-Band Battle Beast Halt in Leipzig. Hier, im Büro der Chefin der Konzerthalle „Hellraiser“, treffen wir – Jana Stegbauer (DFG Sachsen-Anhalt; JS) und Christina Lehmann (DFG Sachsen; CL) – die charismatische Frontfrau Noora Louhimo (NL) vor ihrem Konzert.
Als kleines Geschenk überreichen wir Noora Ausgaben der „Deutsch-Finnischen Rundschau“ sowie der „Revontulet - Nordlicht“, die sie mit Interesse entgegennimmt. Kurz erklärt Jana die Entstehungsgeschichte der DFG und die jährlich stattfindenden Tourneen. Angesichts des knappen Zeitlimits, das uns der Tourmanager aufgrund eines anschließenden Meet-&-Greets mitteilt, steigen wir direkt in das Interview ein.
JS: Wie geht es dir heute? Hattet ihr die Möglichkeit, euch ein wenig die Umgebung anzusehen?
NL: Ja, wie hatten gestern einen Tag frei. Ich hatte das erste Mal überhaupt die Möglichkeit, mir das Stadtzentrum von Leipzig anzusehen. Wir haben in der Vergangenheit schon Auftritte in Leipzig gehabt, besonders im Hellraiser. Seit dem Beginn meiner Karriere bei Battle Beast in 2012, denke ich, waren wir bei jeder Tournee in Europa im Hellraiser in Leipzig. Es hat etwas Nostalgisches, immer wieder hierher an diesen Ort zukommen. Zu Beginn waren wir z.B. Support Act für „Sonata Arctica“, „Powerwolf“ und andere, und haben hier gespielt. Und jetzt spielen wir unsere eigenen Shows. Das Publikum in Deutschland wächst und es ist schön, die Entwicklung im Laufe der Zeit zu sehen.
Gestern war ich im Stadtzentrum, in der Nähe des Riesenrades [auf dem Augustusplatz – Anm.d.R.]. Es war so schön. Ich mag die alten Gebäude sehr gerne. Es war eine schöne Abwechslung zum Leben im Tourbus. Das Leben von Musikern auf Tour ist fast wie im Gefängnis zu sein. Fast alle Tage sind gleich. Du fährst im Bus. Du schläfst im Bus. Du kommst am Konzertort an. Du hast fast immer den gleichen zeitlichen Ablauf, die gleichen Routinen. Und zum Schluss geht es wieder in den Bus zum nächsten Ort. Wenn man dann mal einen Tag frei hat, freut man sich sehr, dass man mal rauskommt.
JS: Mal wieder frische Luft bekommen?
NL: Ja. Und manchmal sind die Fans so enthusiastisch, dass man noch nicht mal das Konzertgebäude verlassen kann. Auf dieser Tour hatte ich die Situation, dass ich noch nicht mal in den Supermarkt gehen konnte, ohne dass mir jemand gefolgt ist. Das ist die schlechte Seite, wenn man ein Rockstar ist.
"Ich möchte Menschen dazu anregen, an ihre Träume zu glauben und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen."
CL: Du hast erwähnt, dass die Fans immer mehr werden. Aber für diejenigen, die euch noch nicht kennen sollten: Was für Musik macht ihr?
NL: „Battle Beast“ ist voll mit Leben. Unsere Musik ist energiegeladen, wir spielen Power Metal, ein wenig beeinflusst durch Pop und Rock. Es lässt dich lebendig fühlen. Mein Ziel als Performer und Geschichtenerzähler in dieser Band ist es, Menschen zu befreien. Das heißt, ich möchte, dass die Menschen während der Show sie selbst sein können. Sie können aus sich rausgehen und müssen sich nicht verstellen, weil es andere so wollen. In ihrem alltäglichen Leben müssen sich die Menschen zu sehr anpassen oder verstellen. Und nach der Show sollen sie sich so fühlen, dass sie alles schaffen können, was sie sich wünschen, sich frei fühlen. Ich möchte Menschen dazu anregen, an ihre Träume zu glauben und ihr Leben selbst in die Hand zunehmen.
Denn die Leute, die zu unseren Shows kommen, haben dafür gesorgt, dass unsere Träume wahr wurden. Sie kommen zu unseren Shows, kaufen Karten, kaufen unser Merchandise und hören unsere Musik. Ich möchte diese Unterstützung zurückgeben und ihnen zeigen, dass auch ihre Träume wahr werden können.
CL: Euer Hauptthema ist also „Empowerment“ [dt. etwa „Ermächtigung - Anmerkung: Begriff beschreibt Prozesse, in denen Menschen mehr Macht in der Gestaltung ihrer Lebensumstände gewinnen – Anm.d.R.]?
NL: Ja, auf jeden Fall.
JS: Ist Empowerment auch die Geschichte hinter eurem Bandnamen?
NL: Die Geschichte hinter unserem Bandnahmen geht auf unseren Gitarristen Juuso [Soinio], den ehemaligen Gitarristen Anton [Kabanen – er verließ „Battle Beast“ 2015 und gründete die mittlerweile ebenfalls sehr erfolgreiche Power Metal-Band „Beast in Black“ – Anm.d.R.] und unseren Schlagzeuger Pyry [Vikki] zurück. Die drei gründeten die Band, als sie noch in der High School [gemeint ist vermutlich die Einheitsschule (fin. Peruskoulu), die die Klassen 5-10 umfasst – Anm.d.R.] waren. Anton war ein großer Fan vom Comic mit dem Namen „Battle Beast“ [gemeint ist der japanische Fantasy-Manga „Berserk“ – Anm.d.R.]. Diese Comicserie existiert noch, denke ich. Ich glaube, daher kommt der Bandname.
Bei den ersten Alben hatten wir auch noch die Löwenfigur, die an diesen Comic erinnerte. Aber heutzutage kann ich aus meinem eigenen Blickwinkel sprechen, dass dieser Bandname, uns, also alle Bandmitglieder, repräsentiert. Wir sind wie eine Maschine (Noora lacht). „Battle Beast“ ist wie eine „Empowermentmaschine“ und bereitet den Leuten eine tolle Party. Wir möchten immer, dass die Menschen glücklich sind. Unsere positive Energie möchten wir weitergeben.
Es gibt auch Metalmusik für melancholische Momente und diesen dazugehörigen Gemütszustand. Wir wollen der Gegenpol dazu sein. Und machen die ganze Zeit Party.
CL: Du sprichst von Party. Kommen wir zum Gegenteil davon: es gab sehr schockierende Nachrichten zu deinem Gesundheitszustand im letzten Jahr [Ende 2023 wurde bei Noora ein Riss in der Halsschlagader festgestellt, weshalb sie einen Monat lang nicht ohne Lebensgefahr hätte auftreten können und die Tour daher teilweise verschoben werden musste – Anm.d.R.]. Wir sind froh, dich wieder gesund und auf der Bühne zu sehen. Hat dieser Zustand etwas an deiner Performance auf der Bühne geändert? Bist du jetzt vorsichtiger?
NL: Nun, ich bereite mich viel sorgfältiger auf die Shows vor. Zum Beispiel mache ich jetzt mehr und sorgfältigeres Aufwärmen vor der Show und Abkühlen nach der Show. Ich weiß schon seit Jahren, dass man das so machen sollte. Als Sänger einer Band ist man wie ein Athlet, der sich auf die Olympischen Spiele vorbereitet. Du sollst so zu dir selbst sein, dass du das tust, was gut für deinen Körper ist. Denn dein ganzer Körper ist dein Instrument, nicht nur die Stimme.
Natürlich hat mich das erschreckt, aber jetzt ist die Angst fast weg. Es ist auch schon ein paar Monate her, seit ich meine gesundheitliche Pause einlegen musste.
Es fühlt sich so an, dass meine Ausdauer wieder genauso gut ist wie vorher. Ich fühle mich stark und ich habe auch im Hals nicht mehr das Gefühl gehabt, dass dort noch etwas falsch sein könnte. Das gibt mir Mut. Ich hatte auch engen Kontakt mit den Ärzten und diese sagten, ich kann wieder tun, was ich auch vorher gemacht habe, mit derselben Kraft. Aber mir hat es gezeigt, was ich besser machen kann als vorher für meine Gesundheit. Sich besser auf die Shows vor- und nachbereiten.
"Als Kind wollte ich Tänzerin werden."
JS: Ich frage mich immer, wie hältst du es nur in High Heels auf der Bühne tanzend und springend aus?
NL: No pain, no gain! (Noora muss lachen). Aber der Grund, warum ich angefangen habe mit High Heels auf die Bühne zu gehen ist, dass ich meine feminine Seite als Musikerin mehr in den Vordergrund bringen wollte. Ich bin eine sehr körperliche Person. Wenn wir ein Lied aufnehmen, denke ich schon darüber nach, wie ich mich dazu auf der Bühne bewegen kann. Als wir dann das Album „Circus Of Doom“ aufgenommen haben, kam mir der Gedanke, dass ich in High Heels auf die Bühne gehen muss, um eleganter zu wirken und mehr Tanzbewegungen einbringen zu können.
Als Kind wollte ich Tänzerin werden. Ich habe sehr viel getanzt und wollte auch eine Tänzerin werden, aber dann wurde das Singen für mich wichtiger. Und so habe ich die High Heels mit auf die Bühne gebracht, um eleganter, femininer sein zu können und damit die Tanzbewegungen besser aussehen.
JS: Hast du selbst Einfluss auf dein Bühnenoutfit und Styling?
NL: Ja. Das ist eine der wichtigsten Sachen für mich, um mich auszudrücken. Mit jedem Album erschaffen wir eine „neue Haut“ und wir wollen uns einerseits musikalisch weiterentwickeln, aber ich möchte auch die Bühnenkleidung weiterentwickeln. Das ist sehr wichtig für mich.
Ich habe auch eine Kostümbildnerin, Katariina von „Ilmatar Couture“, und sie ist wie meine Zauberin. Wenn wir unsere Ideen austauschen, wird es magisch. Ich bin sehr froh, dass sie mit mir zusammenarbeitet.
JS: Hättest du einen Plan B, wenn es mit der Musikkarriere nicht geklappt hätte?
NL: Ich habe immer Plan Bs, Plan Cs und Plan Ds (alle lachen). Ich bin eine sehr durchgeplante Person. Ich bin auch eine Unternehmerin als Vocalcoach und anderes. Ich bin an allen Aspekten der Musikindustrie interessiert. Wir werden sehen, was passiert. Aber im Moment bin ich mehr auf die Arbeit als Sängerin konzentriert. Und mache ein paar Nebenprojekte.
CL: Du hast schon kurz das Vocalcoaching angesprochen. Du hast einen Gesangskurs namens „Sing like a Beast“. Was unterscheidet diesen Kurs von anderen Gesangskursen?
NL: Er konzentriert sich auf den Rock- und Metalgesang. Ich kann dir den klassischen Popgesang beibringen, wie andere auch, aber ich weiß es gibt viele Menschen, die lernen wollen zu singen, wie ich es tue. Das biete ich den Menschen an: finde den Heavy Metal- oder Rocksänger in dir, aber auf einem gesunden Weg.
Ich werde irgendwann auch Onlinekurse anbieten, hoffentlich noch dieses Jahr, wenn ich wieder zu Hause bin, und die Vorbereitungen dafür angehen kann. Ich möchte auf jeden Fall noch mehr Leute mit diesem Konzept erreichen und ihnen helfen, ihren inneren Heavy Metal- oder Rocksänger zu finden.
CL: Ich könnte dann von Deutschland aus z.B. über Zoom teilnehmen?
NL: Ja, genau. Folge mir einfach in den sozialen Medien, denn da werde ich darüber informieren, wenn es so weit ist.
JS: Eine Frage zum Schluss: Welches finnische Wort oder welchen Satz sollte man kennen?
NL: (überlegt einige Zeit) „Kiitos“, also „Danke“ ist gut zu wissen, oder „Hei, mitä kuuluu?”.
JS: Vielen Dank für das nette Interview.
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