Moikka!
Ich habe Ende März den ersten Teil meiner finnischen Abiturprüfung geschrieben. Und weil die sich doch ziemlich von den Prüfungen meiner Freund*innen in Deutschland unterscheiden, möchte ich hier einmal einen kleinen Überblick über die finnischen Abschlussprüfungen geben.
Der größte Unterschied zu Deutschland ist wohl der Zeitpunkt, wann die Prüfungen stattfinden. Es gibt jeweils im Herbst und im Frühling eine Prüfungsphase von knapp drei Wochen, in denen alle Prüfungen geschrieben werden können. Als Schüler*in kann man sich dann überlegen, wann man welche Prüfung machen möchte. Nach aktueller Regelung können sich die Prüfungen über anderthalb Jahre (drei Prüfungsphasen) hin ziehen. So kann man sich die Fächer einteilen, und schreibt nicht alles auf einmal. Ich habe diesen Frühling Englisch und Mathe geschrieben. Englisch, weil ich weiß, dass es mir leichtfällt und ich mich darum nicht groß sorgen muss, und Mathe, weil es mir eben schwerer fällt und ich mich so beim Lernen voll auf Mathe konzentrieren konnte. Ein weiterer Grund, warum ich Mathe jetzt schon geschrieben habe, ist die Wiederholungsmöglichkeit. Wenn man in einer Prüfung durchfällt oder mit seiner Note unzufrieden ist, kann man das Fach in der nächsten Prüfungsphase erneut schreiben. Und die bessere Note kommt dann aufs Abschlusszeugnis. Weil es mein Plan ist, im Winter diesen Jahres das finnische Abitur abzuschließen, habe ich nur noch eine Prüfungsphase vor mir: Den Herbst 2024. Falls ich in Mathe also durchgefallen wäre (was ich zum Glück nicht bin), hätte ich es einfach im Herbst noch mal schreiben können.
Auch die Art, wie ich meine Prüfungen gemacht habe, ist anders als in Deutschland: Die Prüfungen finden am Laptop statt. Das ist hier normal, auch Vokabeltests und reguläre Klausuren schreiben wir so. Damit man nicht einfach die Antworten googeln kann, gibt es die Abitti-Sticks. Das sind USB-Sticks mit einer Software, die wir in jeder Klausur benutzen. Das verhindert, dass wir Programme öffnen, die nicht erlaubt sind. In der Mathe-Prüfung zum Beispiel muss man erst digital den A-Teil abgeben, bevor man im B-Teil den Graphenzeichner öffnen kann. Immer öffnen kann man das Klausurprogramm, einen Rechner, der die Grundrechenarten, Wurzelziehen und Potenzieren kann, die Formelsammlung, eine vorgegebene Liste an Liedern und Tetris. Die Lieder und Tetris sind zur Ablenkung. Auch das ist etwas, worauf zumindest an meiner Schule viel Wert gelegt wird. Gemeinsam mit unserem Lehrer hat mein Jahrgang überlegt, was jedem von uns helfen kann, in der Prüfung ruhig zu bleiben. Ich hatte Häkelzeug mit, ein Freund Stifte zum Zeichnen, wieder andere Strickzeug oder Stressbälle. Mein Häkelzeug kam dann, zusammen mit Laptop, Ladekabel, Kopfhörern, Snacks, Wolldecke, Mittagessen (die Klausur kann bis zu acht Stunden dauern) und einem Bleistift zum Notizenmachen in meinen Korb. Alle Abiturient*innen be kommen so einen. Dieser wird dann bei uns am Morgen der Klausur von unserer Schuldirektorin kontrolliert, dass dort keine Spickzettel drin sind.
Nach der Klausur muss diese natürlich auch bewertet werden. Und auch das System ist anders als in Deutschland. Zunächst bekommen die Klausuren die zuständigen Fachlehrer*innen an der eigenen Schule. Die korrigieren und danach gibt es die vorläufige Punktzahl. Dann gehen die Prüfungen an die Abiturbehörde, wo sie nochmal von unabhängigen Lehrkräften kontrolliert werden, wonach sich die Punktzahl eventuell nochmal ein bisschen ändert. Und danach kommt der spannendste Teil: Die Punkte werden verrechnet. Weil im ganzen Land die gleichen Prüfungen geschrieben werden, sind die Ergebnisse vergleichbar. Und dann werden die Punkte so verrechnet, dass in jedem Fach in ganz Finnland fünf Prozent die Bestnote bekommen und fünf Prozent durchfallen. Dadurch passiert es nicht so wie in Deutschland, dass jedes Jahr irgendeine Petition gestartet wird, dass die Prüfung dieses Mal viel zu schwer war. Wenn die Berechnung fertig ist, werden im Mai die Punktegrenzen veröffentlicht, und man weiß sicher seine Note. Trotzdem kann man die Note anhand der Vorjahresgrenzen auch jetzt schon gut
abschätzen. Das war also ein kleiner Einblick in die finnischen Abiturprüfungen. Ich bin vor allem froh, dass ich jetzt Mathe erst mal
los bin, und bin gespannt auf die endgültigen Punktegrenzen, die Ende Mai veröffentlicht werden.
Nachtrag zum Rundschauartikel am 17.06.2024:
Jetzt habe ich meine endgültigen Noten bekommen. Und meine Meinung zu den Punktegrenzen hat sich seitdem ein bisschen geändert: Im Englischabi fehlen mir ein paar Punkte zur vollen Punktzahl. Trotzdem bekomme ich nicht die Bestnote, weil die Klausur eben sehr leicht war, und somit mehr als 5% besser als ich waren. Letztes Jahr hätte ich mit der gleichen Punktzahl locker die Bestnote bekommen. Darüber ärgere ich mich schon. Andererseits besteht ja die Möglichkeit, das Englisch-Abitur nochmal zu schreiben, um meine Note zu verbessern. Mit Mathe bin ich zufrieden. Keine Bestnote, aber oberes Mittelfeld - besser als erwartet.
Kommentare