Wie man ohne Flugzeug nach Finnland kommt, und auch das Auto stehen lassen kann
von Jonathan Pritzlaff , 08.08.2024 — 2 Kommentare
Bei der Planung einer Reise aus Deutschland nach Finnland
denken viele neben dem Fliegen zunächst an die Fahrt mit dem Auto und der
Fähre. Kein weit hergeholter Gedanke, ist das finnische Festland doch rund 900 Kilometer
Luftlinie vom deutschen entfernt, und noch dazu auf der anderen Seite der
Ostsee geradezu inselartig gelegen. Mit Finnlines lässt sich der Seeweg von
Lübeck nach Helsinki ganzjährig bestreiten. Andere populäre Wege sind die Fahrt
mit dem Auto durch Dänemark und Südschweden bis nach Stockholm respektive
Kappelskär, von wo dann Viking-Line- und Tallink- beziehungsweise
Finnlines-Fähren bis Helsinki und Turku oder Naantali fahren. Der Weg durch
Dänemark kann dabei mit der Fähre von Puttgarden nach Rødby oder von Rostock
nach Gedser erheblich abgekürzt werden, und die Öresund-Brücke von Kopenhagen
nach Malmö kann mit der Fährverbindung Helsingør—Helsingborg umgangen werden.
Durch die Fährverbindungen Sassnitz—Ystad und Rostock—Trelleborg lässt sich
Dänemark sogar ganz überspringen. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann mit dem
Auto auch auf dem Festland über Polen und das Baltikum bis nach Tallinn fahren,
von wo Finnland dann nur noch eine rund zweistündige Fährfahrt entfernt ist.
Diese Ostrunde mit dem Kfz ist häufig etwas günstiger als jene über
Skandinavien, verlangt einem jedoch auch deutlich mehr Fahrstunden am eigenen
Steuer ab.
Vor dem Hintergrund des klimabewussten Reisens oder auch des
Bedürfnisses, die Reisezeit nicht hinterm Lenkrad verbringen zu müssen, werden zunehmend
Alternativen zum Flugzeug und Auto interessant. Darüber, ob Fährüberfahrten auf
teilweise kreuzfahrtschiffähnlichen Schiffen – wie sie insbesondere zwischen
Stockholm und Finnland verkehren – klimafreundlich sind, lässt sich sicherlich
streiten. Wer jedoch das Flugzeug meiden möchte und zumindest den Landweg
klimaschonend zurücklegen möchte, nutzt statt des eigenen PKWs den Bus oder die
Bahn. Die gute Nachricht: insbesondere auf der Schiene gibt es immer mehr
Optionen, wodurch der Landweg durch Skandinavien bis nach Stockholm komplett
mit dem Zug zurückgelegt werden kann.
Mit dem Zug von Deutschland nach Stockholm
Aktuell gibt es zwei Optionen, um mit dem Nachtzug von
Deutschland bis nach Stockholm zu kommen. Das private schwedische
Eisenbahnunternehmen Snälltåget bietet sowohl in der Sommer- als auch in der
Wintersaison einen Nachtzugverkehr zwischen Stockholm und Deutschland an – im
Winter verkehren auch Züge zwischen Malmö und Österreich. Im Jahre 2022 kam dann
zusätzlich der EuroNight der schwedischen Staatseisenbahn SJ auf die Gleise,
und verbindet Deutschland und Stockholm seitdem sogar ganzjährig miteinander.
In Kombination mit Snälltåget sind zu Saisonzeiten in den meisten Nächten somit
sogar zwei Eisenbahnunternehmen auf den Schienen unterwegs. Das ist nicht nur
den Preisen zuträglich, sondern hält auch mehr Optionen für verschiedene
Reiseplanungen offen und entspannt die Auslastung zur Hochsaison etwas. Beide
Anbieter starten gewöhnlicherweise in Berlin Hbf und fahren dann über Hamburg
Hbf bis nach Stockholm – unter Umständen starten die Züge jedoch auch direkt in
Hamburg und lassen Berlin aus. Obacht sollte man bei der Bahnhofswahl walten
lassen: manchmal werden statt der jeweiligen Hauptbahnhöfe die Bahnhöfe Berlin Gesundbrunnen
beziehungsweise Hamburg-Altona angefahren. Anfänglich konnte sich der jeweilige
Abfahrtsbahnhof zum Teil auch noch wenige Stunden vor der Abfahrt ändern, was
dann durch eine SMS kommuniziert wurde – Erfahrungen dieser spontanen
Bahnhofswechsel haben mittlerweile jedoch nachgelassen.
Snälltåget ist häufig, aber nicht immer, die etwas
günstigere Option als SJ – mit gut 100 Euro im Liegewagen oder rund 60 Euro im
Sitzplatz kann man dabei sein, wenn die Nachfrage nicht außergewöhnlich hoch
ist. Snälltåget fährt zumeist später los als SJ und auch insgesamt etwas
länger, und ist dadurch später in Stockholm. Auf der Hinfahrt spannt Snälltåget
nach der Nacht einen Restaurantwagen an den Zug, wo dann vor der Ankunft in
Stockholm geradezu im Stil des Orient Expresses gespeist werden kann – eine Tischreservierung
im Zusammenhang mit der Ticketbuchung wird empfohlen. SJ bietet neben den auch
bei Snälltåget buchbaren eher schlichten Liegewägen etwas komfortablere
und teurere Schlafwägen an. Wer möglichst günstig unterwegs sein möchte,
entscheidet sich für den Sitzplatz als günstigste Reiseoption im Nachtzug, muss
dann jedoch mit einer weniger erholsamen Nacht rechnen. Alternativ dazu sollte
man daher auch die untertägigen Bahnverbindungen von Hamburg nach Stockholm in
regulären Zügen in Betracht ziehen – sie sind teilweise rekordverdächtig
günstig: so wurden untertägige Tickets von Hamburg bis nach Stockholm schon für
unter 40 Euro ergattert. Die Tagesverbindungen beinhalten einen Umstieg in
Kopenhagen, und zum Teil auch einen in Schleswig und Malmö.
Und wie bucht man das ganze jetzt? Nun, die untertägigen
Verbindungen lassen sich gut direkt über die Buchungsplattformen der Deutschen
Bahn buchen – auch im DB Navigator. Gerade bei kurzfristigen Buchungen in der
Hochsaison kann man es jedoch auch erleben, dass während des Buchungsprozesses
eine Fehlermeldung angezeigt wird. Zumeist ist dies ein Zeichen dafür, dass das
für die Deutsche Bahn freigegebene Sitzplatzkontingent im schwedischen
Streckenabschnitt aufgebraucht ist. In diesem Fall sollte man prüfen, ob der Abschnitt
Hamburg—Kopenhagen bei der DB oder der Dänischen Staatsbahn DSB buchbar ist,
und Kopenhagen—Stockholm separat bei SJ gebucht werden kann. Diese separate
Buchung wirkt sich jedoch ungünstig auf die Fahrgastrechte aus, weshalb eine
zusammenhängende Buchung immer zu bevorzugen ist. Die beiden
Nachtzugverbindungen sind hingegen ohne Umstieg, und lassen sich am besten auf
den Websites der jeweiligen Unternehmen buchen. SJ hat alternativ auch eine
App.
Mit der Fähre von Stockholm nach Finnland
Ob untertägiger oder Nachtzug: möchte man nach der Ankunft in
Stockholm dort nicht übernachten, wird man nur die nachmittags beziehungsweise
abends ablegenden Fähren von Viking Line und Tallink in Stockholm erreichen. Das
Terminal von Viking Line ist etwas näher am Stockholmer Hauptbahnhof gelegen. Sparfüchsen
sei gesagt, dass wenn man vor der Buchung noch kostenlos Viking-Line-Club-Mitglied
wird, man direkt bei der Viking-Line-Buchung bares Geld spart. Viking Line legt
gegen 16 Uhr für den Weg nach Helsinki ab, und gegen 20 Uhr für den Weg nach
Turku, wobei die Fahrten nach Turku meist wesentlich günstiger sind.
Wählt man den untertägigen Zug für die Fahrt nach Stockholm,
sollte man frühestmöglich in Hamburg abfahren, um ausreichend Puffer für
verpasste Anschlüsse zu haben, und um den Weg vom Stockholmer Hauptbahnhof zum
Fährterminal stressfrei zurücklegen zu können – der Check-In für Reisende ohne
Auto nach Turku endet meist 20 Minuten vor der planmäßigen Abfahrt. Die beiden Nachtzugalternativen sind
dahingehend die sichereren Optionen, da sie je nach Anbieter am Vormittag oder
frühen Nachmittag in Stockholm ankommen, wodurch sich ausreichend Puffer
ergibt. Die Zeit tagsüber in Stockholm kann dann hervorragend für Sightseeing
genutzt werden. Wer nicht zu viel Gepäck dabei hat, kann den Weg vom Bahnhof
zum Fährterminal von Viking Line (Vikingterminalen) auch zu Fuß
zurücklegen. Dabei kann man nicht nur die Reichstagsinsel Helgeandsholmen
überqueren, sondern geht auch durch den altstädtischen Touristenhotspot Gamla
Stan und kann im hippen Viertel Södermalm vorbeischauen.
Bei der Rückfahrt aus Finnland nach Deutschland bieten sich
die untertägigen Zugverbindungen aus Stockholm nach Deutschland besser an als
auf der Hinfahrt. Die Nachtfähre zwischen Turku und Stockholm ist zuverlässig
pünktlich und kommt planmäßig meist gegen 06:30 Uhr in Stockholm an. Guten
Gewissens kann man dann eine zwei bis drei Stunden später abfahrende
Zugverbindung aus Stockholm buchen, und kommt dann noch am Abend desselben
Tages in Schleswig-Holstein oder Hamburg an. Entscheidet man sich für einen der
Nachtzüge, kann man den Tag auch noch in Stockholm verbringen – die Nachtzüge
fahren erst gegen etwa 16 Uhr ab.
Wer auf der Hinfahrt viel Zeit und weniger Geld mitbringt
und sich Stockholm genauer anschauen möchte, sollte in Betracht ziehen, in
einem Stockholmer Hostel zu übernachten. Die Nacht ist auch in der Saison teilweise
für unter 20 Euro zu haben. Besonderer Vorteil: man kann es sich dann auch
erlauben, statt abends morgens mit der Fähre aus Stockholm nach Turku abzufahren
– das ist deutlich günstiger als die Nachtfahrt und die Preisdifferenz macht
den Preis fürs Hostel meistens mehr als wett. Tallink hat tagsüber auch keine
Kabinenpflicht, und ist dann meistens die wirtschaftlichere Alternative.
Der Fernbus als Alternative zum Zug
Statt der erläuterten Zugverbindungen kann auch der Fernbus
in Betracht gezogen werden. Aus Sicht des klimaschonenden Reisens steht dieser
dem Zug in nichts nach. Die Optionen beschränken sich nicht nur auf die Verbindung
Deutschland—Stockholm – bei Flixbus lassen sich für diese Strecke verschiedene
Verbindungen finden. Auch die Ostunde von Hamburg über Polen und das Baltikum kann
man mit Flixbus fahren, und der Bus nimmt einen sogar noch mit der Fähre von
Tallinn bis nach Helsinki. Das alles passiert mit einer Buchung, welche mit
etwa 80 Euro häufig die günstigste Option ist, um von Deutschland nach Finnland
zu kommen. Dafür muss man sich dann jedoch mit knapp zwei Tagen Fahrzeit
begnügen. Diese verbringt man größtenteils im Sitzplatz im Bus, und zu einem kleineren,
aber nicht unwesentlichen Teil an Umstiegshaltestellen.
Weitere Alternativen sind in Aussicht
Wer vom Fernbus noch nicht überzeugt ist und auch möglichst
wenig Schiff fahren möchte, könnte in einigen Jahren die Möglichkeit bekommen,
einen noch größeren Teil der Strecke mit der Eisenbahn zurücklegen zu können. Die
finnische Staatsbahn VR prüft zurzeit unterschiedliche Modelle, wie die
finnisch-schwedische Landesgrenze in Lappland zukünftig mit dem
Schienenpersonenverkehr überquert werden kann – bisher verkehrt zwischen dem
finnischen Tornio und dem schwedischen Haaparanta nur Güterverkehr.
Berechnungen von Visit Finland zeigen, dass Tornio dann künftig in 27 Stunden
von Hamburg aus erreicht werden könnte – durchgehend mit der Eisenbahn und ganz
ohne Fähre. Je nachdem, wie die Verhandlungen laufen, könnte die Verbindung
bereits ab kommendem Jahr verfügbar sein.
In etwas weiterer, nicht jedoch unerreichbarer Ferne liegt
die bereits hier
bei MoinMoi beschriebene Rail Baltica. Mit der Fertigstellung dieses
baltischen Infrastrukturprojektes wird Tallinn von Deutschland aus auch mit der
Eisenbahn erreichbar sein – bisher fehlt im Baltikum noch die notwendige
Schieneninfrastruktur dafür. Von Tallinn aus braucht es dann nur noch eine
wesentlich kürzere Fährfahrt nach Finnland als von Stockholm. Bis diese Option
nutzbar ist, wird man sich jedoch noch bis etwa 2030 gedulden müssen. Bis dahin
bleiben einem neben den beschriebenen Fernbus- und Zugfahrten mit Fährfahrt
natürlich auch zahlreiche andere Möglichkeiten, Finnland ohne Auto und Flugzeug
zu erreichen: Die Finnlines-Fähren von Travemünde nach Helsinki nehmen auch
Menschen ohne Fahrzeug mit, und sind für Reisende mit Fahrrad und ohne Auto
vermutlich die beste Alternative. Außerdem lassen sich auch die anderen in der
Einleitung beschriebenen Fähren mit der Bahn kombinieren. Solche Verbindungen
umfassen dann jedoch meist mehrere Verkehrsmittelwechsel, was sie anfälliger
dafür macht, dass Anschlüsse nicht erreicht werden. Erfahrungsberichte zu
solchen Experimenten sind jedoch jederzeit willkommen!
Die Verbindung Hamburg Joensuu ist wirklich eingeführt worden. In fast 40h fährt der Flixbus direkt für 88 € und ohne das man umsteigen muss.
Ein wirklich sehr guter und ausführlicher Bericht über Alternativrouten nach Finnland. Die Route mit der Bahn von Berlin oder Hamburg über Stockholm ist wirklich etwas Besonderes, aber finanziell überhaupt nicht interessant. Denn die Fähre muss auch noch bezahlt werden und ein Flug von Hamburg oder Berlin nach Helsinki kostet nur 80-120 € einfache Strecke. Und es werden keine Urlaubstage bei der Anreise "verbraucht". Die Reise macht nur Sinn, wenn Zwischenstopps in den Städten Kopenhagen und Stockholm eingelegt werden und wer die wunderschöne Fährfahrt durch die Stockholmer Schären zu schätzen weiß. Wer wirklich sparen möchte, kann den Flixbus von Hamburg nach Stockholm nehmen. Bei rechtzeitiger Buchung kostet der nur 40 €. Oder etwas ganz neues, bald kann man den Flixbus von Hamburg nach Joensuu über die Baltischen Staaten nehmen. siehe https://yle.fi/a/74-20097592?utm_source=social-media-share&utm_medium=social&utm_campaign=ylefiapp Ansonsten ist natürlich die Bahnreise über Nacht eine echte Bereicherung für Skandinavienfans die auch ohne eigenen PKW ihr Ziel erreichen möchten und können.