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Viele Finnland-Erlebnisse beim 33. Nordischen Klang in Greifswald

Bereits seit 1992 bringt das Kulturfestival Nordischer Klang jährlich Musik und Kunst aus den nordeuropäischen Ländern nach Greifswald. Ob KI-Kunst, Jazz oder Tango – finnische Kultur war auch dieses Jahr wieder vielfältig vertreten.

Von Sabrina Julius und Flemming Hahn


Schon vor zehn Jahren hatte Jussi Lahtinen das Greifswalder Festival besucht, als er den damals erstmals ausgeschriebenen Wettbewerb für das Festivalplakat gewonnen hatte. In etwa dieser Zeit begann seine Arbeit mit dystopischen Bildcollagen von fiktiven Stadtlandschaften mit realen Architekturfragmenten aus Tampere, Helsinki und Ost-Berlin. Der renommierte Künstler ließ sich vom Stummfilmklassiker Metropolis, von der Kultur des Unheimlichen der deutschen Zwischenkriegszeit und von den Modernismen der DDR-Architektur inspirieren. Ähnliche Ansätze zur Schaffung von Architekturfantasien finden sich bereits im 18. Jahrhundert, zum Beispiel in der Grafikserie Carceri d’invenzione des italienischen Künstlers Giovanni Battista Piranesi oder auch in den 1920er und 1930er Jahren bei der dadaistischen deutschen Collagenkünstlerin Hannah Höch. Beim Nordischen Klang 2024 präsentierte Lahtinen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz eine "Kunstmaschine" die fotografierte Architekturfragmente aus Greifswald immer wieder neu digital kombinierte. Jeweils nur für paar Sekunden erschienen auf mehreren Stelen schwarz-weiße, verspielte Stadtlandschaften, die alle vollständig verlöschten, bevor sie von der KI neu zusammengesetzt wurden. Die Fotografien, die die KI dazu benötigte, erhielt Jussi Lahtinen von der Grafikdesignerin Wally Pruß, die Greifswald in eleganter Ästhetik abgebildet hat. Zur Ausstellungseröffnung hielt der finnische Künstler einen Vortrag, in dem er die Technik der KI erklärte und die aufkommenden Fragen zu dieser Art von Kunst – unter anderem zum Urheberrecht und der Rolle des Betrachters – diskutierte. Auffällig bei dieser Veranstaltung war der erstaunlich hohe Anteil an älteren Gästen, die sich wissbegierig und voller Offenheit auf die moderne Form von Kunst und der künstlichen Intelligenz einließen.

Mikko Fritze ist seit Mitte 2021 Leiter des Finnland-Instituts in Deutschland. Das Institut fungiert unter anderem als ein nationales Kulturvermittlungsinstitut, das seit der EU-Erweiterung vor 20 Jahren auch auf eine verstärkte internationale Vernetzung im Kulturtransfer reagiert. Diese Situation stellte er in einem Podiumsgespräch anschaulich vor. Unter dem Titel Crossing Borders: The internationalization of the Northern European cultural scenes in the last 20 years bot die Gesprächsrunde, zu der auch die estnische Jazzmusikerin Rahel Talts, der in den USA geborene Perkussionist für Neue Musik Owen Weaver sowie der künstlerische Leiter des Nordischen Klangs Frithjof Strauß eingeladen waren, einen spannenden und facettenreichen Austausch. Rahel Talts erzählte zum Beispiel aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte und wie befreiend es für sie war, in  Dänemark ihre Musikausbildung fortzusetzen, nachdem sie in ihrer Heimat klassischen Unterricht im sowjetischen Stil erfahren hatte. Zu diesem Thema äußerte sich auch Mikko Fritze, der von seiner Zeit als Leiter des Goethe-Instituts in Estland berichtete – auch seine Kinder hatten dort strengen Musikunterricht voller Drill erlitten. Weitere aufschlussreiche Themen waren die skandinavische Selbstauffassung vom Jantegesetz, das von kollektiver Bescheidenheit und Kontrolle handelt, sowie lebensweltliche Fragen.

Nach ihrer Tournee in Mitteleuropa im Quartett Flock des Pianisten Iiro Rantala begeisterte die Band der Pianistin und Sängerin Maja Mannila erneut das Publikum in Deutschland. Dieses Mal spielten sie als Trio unter anderem am 04.05. in der Münchener Unterfahrt, gefolgt von einem Auftritt am 07.05. im  A-Trane Berlin – zwei der renommiertesten Jazzclubs Deutschlands. Am Tag darauf folgte ihr gelungenes Konzert in der Jazznacht des Nordischen Klangs. Als Mitglieder der finnland-schwedischen Bevölkerungsgruppe zählen sie sich voller Stolz zu den Mumin-Finnen. Offen und humorvoll wie die Mumintrolle, zeigte sich das Trio bei seinem Auftritt, das durch ihre charmante Art, rasende Läufe am Bass und einem treibenden Schlagzeug dem Konzert eine aufregende Stimmung verliehen. Bei ihrem Auftritt kam besonders das funky E-Piano Mannilas zur Geltung. Ihr Gesang kam mit einem ähnlich starken Soul-Feeling herüber, wie es auch die estnische Sängerin Rita Ray beim Eröffnungskonzert des Festivals entzündete.

Beim Caspar-David-Friedrich-Konzert der Greifswalder Partnerstädte in der Aula begeisterte Esa Ylönen aus Kotka mit finnischen Klavierwerken und Tango aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Er performte unter anderem El Choclo und verzierte es mit Zitaten aus anderen Stücken, wodurch er eine neue und vor allem witzige Interpretation des Stückes schuf. Unterhaltsam, akrobatisch, abwechslungsreich – und stets mit einem Lächeln im Gesicht, auf und hinter der Bühne.

Tjango, dessen Name eine Mischung des Gipsy Swing-Begründers Django Reinhardt und an den Tanzmusikstil Tango ist, spielte beim Folk & Swing Abend bei vollem Haus. Trotz der am Vortag erweiterten Publikumskapazität waren die Karten vollständig ausverkauft. Tjangos Musik hatte Noten der Melancholie und brachte swingende Mollmelodien. Trotz des Platzmangels bewegte sich das Publikum fast ausnahmslos im Takt und tanzte, soweit es möglich war, bis auf die Empore hinauf Tango. Die Stimmung entsprach oft dem finnischen Tango. Tjango hatte auch brasilianische Klänge im Repertoire und spielte unter anderem eine Hommage an die brasilianische Akkordeonlegende Sivuca. Das Publikum war schnell von der Band überzeugt, sodass einzelne Gäste bereits während des Konzerts sich ihre CDs sicherten, bevor der große Andrang im Anschluss des Konzerts kam.

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